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BKV lädt ein: Sind 10 Jahre Morbi-RSA ein Grund zum Feiern?

Der Gesundheitsminister hat geliefert: dem Morbi-RSA geht es an den Kragen. Was im Entwurf zum „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ zu lesen ist, übertrifft die Erwartungen vieler. Wird in der Krankenkassenlandschaft nun alles besser? Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Betriebskrankenkasse diskutierten bei „BKV lädt ein…“ am 15. Mai zur geplanten Reform des Finanzausgleichs.

v.l.n.r.: Alexander Krauß MdB (CDU), Kassenvorstand Lars Grein (BKK PwC), Maria Klein-Schmeink MdB (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Dr. Wieland Schinnenburg MdB (FDP) und Prof. Dr. Robert Nuscheler (Universität Augsburg) diskutierten zum "Faire-Kassenwahl-Gesetz". © BKV (Fotograf: H.-Ch. Plambeck)

Zwischen Lob und Provokation

Die Reaktionen auf die langersehnte Reform des Morbi-RSA zwischen den Krankenkassen reichen von „Wir sind insgesamt zufrieden“ und „interessante Gedanken und clevere Züge“ bis hin zu „der Minister ist hyperaktiv“ und „Mogelpackung und Provokation“, so die Einschätzungen der Gäste auf dem neunten „BKV lädt ein“ Podium. Denn im Gesetz geht es nicht nur um notwendige Veränderungen am Risikostrukturausgleich. Viele weitere Punkte werden von den Betroffenen derzeit umstritten diskutiert, denn nicht alle Krankenkassen werden von den Plänen des Gesundheitsministers Jens Spahn profitieren.

Alexander Krauß MdB (CDU), Maria Klein-Schmeink MdB (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Robert Nuscheler  (Universität Augsburg) sowie Dr. Wieland Schinnenburg MdB (FDP) und Kassenvorstand Lars Grein (BKK PwC) haben sich im Langenbeck-Virchow-Haus zu wesentlichen Inhalten des Gesetzes ausgetauscht.

Mehr Wahlrechte für Versicherte – dafür aber schlechtere Versorgung?

Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen soll fairer werden. Deshalb sollen Patienten die Möglichkeit erhalten, aus allen Krankenkassen frei wählen können. Das ist bislang nicht so, denn es gibt Kassen, die nur für eine bestimmte Region tätig sind – dazu gehören auch die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK). Diese sollen sich nun „öffnen“, so dass jede*r Mitglied werden kann. Um genau diese Öffnung ist in Fachkreisen eine emotionale Debatte entfacht und dreht sich um die Frage: Ist die regionale Versorgung der Versicherten in Gefahr?

Für die AOK ist die Lage klar: Sie sehen sich als Experten für regionale Versorgungsangebote. Ein Schlag für viele andere Krankenkassen, die Versicherte im gesamten Bundesgebiet betreuen.
BKK-Vertreter Lars Grein stellt klar: „ Die AOK sind nicht die besseren Versorger!“ und erhält dafür Zuspruch von anderen Kassenvertretern. Es sei unseriös zu behaupten, nur regionale Kassen könnten gute Versorgung anbieten. „Die BKK PwC ist eine bundesweit agierende unternehmensnahe Betriebskrankenkasse. Wir testen Angebote immer erst regional aus. Laufen sie erfolgreich, bieten wir die Programme auch bundesweit an.“

Dr. Wieland Schinnenburg stellt klar, dass die Versorgung der Patienten in erster Linie in den Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken oder durch Therapeuten geleistet wird. Er fragt sich: „Wo ist der Unterschied, ob ich als Versicherte*r der Techniker zum Zahnarzt gehe oder als AOK Versicherte*r?“

Gleiches Recht für alle

Alexander Krauß macht deutlich, was sich hinter der geplanten Öffnung der regionalen Krankenkassen verbirgt: „Hinter der Öffnung der Kassen steht die Frage nach der Aufsicht“. Denn eine einheitliche Aufsicht der Krankenkassen gibt es bislang nicht. Viele werden durch das Bundesversicherungsamt (BVA) geprüft, das im Vergleich strenger und bürokratischer wahrgenommen wird als die Landesbehörden.

Dass es ein einheitliches Aufsichtshandeln geben muss, damit alle Krankenkassen den gleichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt sind, darüber sind sich die Podiumsgäste einig. Aber wer kann es am besten? Das BVA, die Länder oder beide zusammen?

Maria Klein-Schmeink hat auf den Ausgang um eine Kiste Sekt gewettet. Sie ist sich sicher, dass es nicht zur Öffnung der regionalen Krankenkassen kommen wird: „Dafür hätte der Minister die Öffnung der Pflegekassen mit berücksichtigen müssen, das ist im Gesetzesentwurf allerdings nicht geregelt“. Sie kann sich vorstellen, dass sich Länder und Bund die Aufsicht künftig teilen. Danach würde das BVA die Finanzen und damit auch den Morbi-RSA prüfen, die Länder wären für die Fachaufsicht zuständig. Krauß und Nuscheler zweifeln jedoch an, ob diese Zweiteilung sinnvoll wäre.

Droht der Selbstverwaltung das Ende?

Neu organisiert werden soll auch der Verwaltungsrat im GKV-Spitzenverband (GKV-SV). Die ehrenamtlichen Vertreter*innen der Versicherten und der Arbeitgeber sollen künftig durch die Vorstände der Krankenkassen ersetzt werden. Ob das eine gute Idee ist?

Wieland Schinnenburg, selbst großer „Fan“ der Selbstverwaltung, findet das Vorgehen grundsätzlich falsch: „Diejenigen, die die Beiträge zahlen, nämlich Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sollen auch darüber entscheiden, wofür es verwendet werden soll. Der Gesundheitsminister misstraut der Selbstverwaltung und versucht, ihnen eins reinzuwürgen.“ Widerspruch erhält er von Alexander Krauß: „Der Minister weiß um die Bedeutung der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Es soll jetzt nicht in jeder Krankenkasse die Selbstverwaltung abgeschafft werden“ Und ergänzt: „Wer einen guten Job macht, muss auch keine Angst haben“.

Auch im BKV gehören Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Vorstand. „Im BKV Vorstand arbeiten wir konstruktiv zusammen und ergänzen uns gut“, betont Lars Grein. Aber: „Probleme, die durch die Selbstverwaltung entstanden sind, müssen angesprochen werden“ und verweist damit auf die elektronische Gesundheitskarte der Gematik.

Stärkung von Präventionsangeboten

Die Ausgaben der Krankenkassen für Prävention sollen künftig im Risikostrukturausgleich berücksichtigt werden. Für jeden Versicherten gibt es dann eine Pauschale, sobald eine Mutterschaftsvorsorge-, Gesundheits- und Früherkennungsuntersuchung oder eine Schutzimpfung in Anspruch genommen wurde.

Ein wichtiger Schritt wäre damit geschafft, aber „da kann gerne noch nachgelegt werden“, bekräftigt Krauß. Denn Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie sie von unternehmensnahen Betriebskrankenkassen wie der BKK PwC umgesetzt werden, müssen von den Kassen selbst finanziert werden. „Insgesamt sind wir aber zufrieden mit dem Gesetzespaket, es sollte jetzt nicht mehr aufgeschnürt werden“, resümiert Lars Grein.


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